Niklas + Kommentar
Von gralpia, 13:39Das CeDiS-Prinzip
Bei der gestrigen Fragerunde mit dem CeDiS-Leiter Dr. Apostolopoulos verteidigte dieser nachdrücklich die Angebote von CeDiS. Die Veranstaltung war informativ wenngleich an einigen Stellen vielleicht auch etwas bizarr (”Hühner mit Kontaktlinsen…”).
Nicht zuletzt der mit aufgeblasenen Backen gemachten Ansage von FUwatch es würde zu einem “High Noon” kommen war es zu verdanken, dass sich neben Dr. Apostolopoulos mit Kathlen Raith und Stefan Cordes noch zwei CeDiS-MitarbeiterInnen im Seminar einfanden (auch wenn sie nicht viel sagten). Als weiterer Gast wohnte der Veranstaltung auch noch ein ZEDAT-Mitarbeiter bei, um speziell die neue “Account-Poliik” zu verteidigen (wozu wir aus Zeitgründen aber nicht mehr kamen). Auf studentischer Seite hatte das Säbelrasseln von FUwatch wenig gebracht, die eigentlichen SeminarteilnehmerInnen blieben im wesentlichen unter sich.
Im folgenden die zentralen Positionen und Argumente von Dr. Apostolopoulos.
1) 20-Jahres-Pläne
Der Kritik, dass die von Studierenden und Dozierenden tatsächlich genutzten Blackboard-Funktionen nicht viel mit “E-Learning” zu tun hätten, entgegnete Dr. Apostolopoulos zweierlei. Erstens reiche die Bereitstellung eines Learning-Management-Systems wie Blackboard natürlich nicht aus, um E-Learning praktizieren können. Zu E-Learning gehöre nun mal mehr. Zweitens würde es einfach noch dauern, bis E-Learning wirklich so praktiziert würde, wie man es sich heute idealtypisch vorstellt. Wie lange genau, kann keiner sagen. Vielleicht 10, 15 oder 20 Jahre.
Eine geschickte Argumentation: Man stellt einen Service bereit und wenn dieser Service nicht oder nur sehr wenig in seiner kompletten Funktionalität genutzt wird, sagt man einfach, es brauche eben noch Zeit, bis sich das ändert. Mit dieser “futuristischen Argumentation” kann man natürlich so ziemlich alles rechtfertigen.
Das ist ungefähr so, als wenn die Bundesregierung auf die Kritik Hartz-IV würde nicht funktionieren entgegnet, es sei noch viel zu früh das abschließend beurteilen zu können. Selbst unter der Voraussetzung sie hat damit recht (wovon nicht auszugehen ist), kann man keinem Spitzenpolitiker eine solche Argumentation durchgehen lassen. Denn in dem Moment, in dem man den messbaren Erfolg einer Maßnahme an einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt in der Zukunft veranschlagt, entfällt jegliche Möglichkeit über den tatsächlichen Nutzen der Maßnahme eine Aussage treffen zu können.
2) Wir handeln nur, wenn wir dazu aufgefordert werden
Dr. Apostolopoulos betonte, dass CeDiS nicht einfach von sich heraus irgendwelche Neuerungen beschließt. Es würden zunächst Personen an CeDiS herantreten (dezentral, also unabhängig voneinander aus verschiedenen Fachbereichen) und Anforderungen stellen. Namentlich genannt wurde z.B. “die Publizisten” (konkret einige ProfessorInnen), die dann eben einen FU-eigenen Blogservice fordern. Also macht sich CeDiS daran, einen solchen Blog-Service ins Studierendenportal (bzw. Blackboard) zu integrieren.
Nur auf der empirischen Grundlage von was eigentlich? Es reicht also, wenn einige Dozierende aus einigen Fachbereichen auf CeDiS zukommen? Keine Erhebungen, inwiefern deren Forderungen repräsentativ für den Rest der Uni sind? Und selbst wenn, wer sagt, dass das was die Dozierenden wollen auch von den Studierenden angenommen wird? Aber dazu kommen wir noch.
Um sicherzustellen, die Web 2.0 Features nicht am Bedarf vorbei zu planen, gab es wie berichtet eine Umfrage, bei der Studierende Auskunft geben sollten, was für Features sie sich für das Studierendenportal wünschen (bzw. was für Webangebote sie in ihrem Alltag bereits nutzen). Doch noch bevor das Ergebnis dieser Umfrage feststeht (in ungefähr einer Woche soll es soweit sein), sind einige Features längst beschlossene Sache. Der Blog-Testbetrieb startet am 1. März, das Wiki-System kommt voraussichtlich im Sommersemester und CeDiS-Mitarbeiter Thomas Hüsing steht vor der Vollendung der Blackbird-Implementierung (das ist das RSS-Feature).
Hier kann also keine Rede davon sein, dass sich die Features daran orientieren, was die Studierenden in der Umfrage für Wünsche geäußert haben (was repräsentativ gefordert wird). Begründet wurde dies damit, dass das Wiki- und Blog-System als Zitat “unbedingt nötig” erachtet wurde und daher auf jeden Fall eingeführt wird. Trotzdem bleibt hier natürlich der fahle Geschmack zurück, diese Studierenden-Umfrage hatte eine reine Alibi-Funktion, um nach außen besser suggerieren zu können, man lege wert darauf, was die Studierenden wollen.
3) Wir stellen die Technik, für die Didaktik sind wir nicht zuständig
Dr. Apostolopoulos führte weiter an, CeDiS verstehe sich als ein Dienstleister, der die technische Infrastruktur bereitstellt, die dann ein E-Learning an der FU ermöglicht. Für die Integrierung der Angebote in die Lehre sei man aber nicht verantwortlich. Schließlich sei es jedem Dozierenden selbst überlassen, ob er die Serviceleistung von CeDiS nutzen möchte oder nicht.
Wenn also ein Angebot von CeDiS nicht angenommen wird, weil Studierende und/oder Lehrende einfach zu unflexibel im Umgang mit den neuen Techniken und Medien sind, ist das nicht das Problem von CeDiS. So nach dem Motto: Ich stelle dir einen schönen Sportwagen vor die Tür und wenn du nicht mit ihm fahren willst, ändert das auch nichts daran, das er schön ist. Herrlich.
4) Zusammenfassung des CeDiS-Prinzips
Riskieren wir anhand des einzuführenden Blog-Systems abschließend noch mal einen Blick in die Zukunft, um exemplarisch zu verdeutlichen wie die hier dargelegte CeDiS-eigene Logik funktioniert:
- Es treten einige ProfessorInnen aus verschiedenen Fachbereichen an CeDiS heran und betonen die Notwendigkeit eines FU-eigenen Blog-Systems.
- CeDiS handelt und beschließt die Implementierung eines Blog-Systems ins neue Studierendenportal.
- Man inszeniert eine Placebo-Umfrage, um zu klären, welche Nebenfeatures außer den bereits beschlossenen Hauptfeatures (darunter auch das Blog-System) ins Studierendenportal kommen sollen.
- Die Blog-Funktion wird den Studierenden präsentiert, die FU-Pressestelle gibt eine Pressemitteilung heraus die das neue Blog-System als kolossale Errungenschaft preist.
- Die Blog-Funktion wird nur zaghaft angenommen, nur ein Bruchteil der Studierenden findet Zeit und Nerv regelmässigen zu bloggen. Einige Dozierende versuchen begeistert die Blogs für ihre Lehrveranstaltung zu nutzen, doch die Studierende halten sich was die virtuelle Kommunikation angeht zurück.
- CeDiS erklärt, dass 1) es noch ungefähr vielleicht eventuell fünf Jahre dauern wird, bis das Blog-System wirklich von einer relevanten Anzahl an Studierenden genutzt wird und dass man 2) ja auch nichts dafür könne, dass die Studierenden (und auch viele Dozierende) so unflexibel auf die Neuerungen reagieren; dafür sei man nicht verantwortlich.
- Das nächste CeDiS-Projekt wird in Angriff genommen.
Hach, CeDiS-Mitarbeiter müsste man sein…
Thomas sagte,
02.02.2007 @ 4:23 vormittags
Fragen eines uninformierten Interessierten:
Welche datenschutztechnischen Bedenken bestehen denn konkret in Hinblick auf die Zusammenlegung von Zedat-Accounts und Blackboard?
Und was genau ist denn nun die Kritik an der CeDiS?
LHG News-Blog » Blog Archiv » CeDiS-Fortschritte sagte,
02.02.2007 @ 7:22 vormittags
[…] verfolgt und kritisiert auf FUWatch die Erweiterung und Zusammenführung der Online-Angebote der FU. Ich […]
Apostolopoulos sagte,
02.02.2007 @ 12:55 nachmittags
Ich bin mit Freude zu dieser Veranstaltung gegangen, weil ich von einem sachlichen Dialog überzeugt bin und ganz CeDiS diesen mit den Lehrenden und den Lernenden gerne führt. Dieser Bericht verdreht (ungeschickt) völlig das Ergebnis der Diskussion. Die Schlussfolgenrungen und Kommentare des Autors Niklas sind in jeder Hinsicht unseriös.
Fragen und Kommentare anderer Kommilitoninnen und Kommilitonen während der gestrigen Fragestunde haben mich überzeugt, dass es sich lohnt, trotz mancher Polemiker den Dialog mit den Studierenden zu suchen und zu intensivieren.
Apostolopoulos